Feiner Eisendraht ist die Basis der Kronen für Maria und Kind. Der Schutzmantel ist aus einem Stoff gefertigt, der aus der Kriegszeit stammt und zum Verdunkeln der Fenster genutzt wurde. −Foto: Michael Jank
Eine Schwarze Madonna ist in der Studienkirche Burghausen zu sehen. Die Rottaler Künstlerin Bettina Dittlmann hat im Auftrag des Diözesanmuseums Freising eine solche Madonnenfigur aus dem 17. Jahrhundert neu eingekleidet. In diesem Museum wird die Figur dann auch ihr endgültiges Zuhause finden. Davor wird sie aber bis Anfang Mai in Burghausen gezeigt. Manchmal hilft nur noch die Schwarze Madonna Die Schwarze Madonna von Altötting gilt als das Zentrum bayerischer Frömmigkeit. Wenn es um große Gefahren, um Leben und Tod geht, wenn also gewöhnliche Heilige schnell am Ende ihres Lateins sind, dann kann nur noch die Schwarze Madonna helfen. So ist es uralter Volksglaube, seit ein im Mörnbach nahe der Kapelle ertrunkenes Kind vor Jahrhunderten in dem heiligen Oktogon zurück ins Leben geholt wurde. Wertvoller Brokatstoff umgibt die hölzerne Figur mit ihrer goldenen Krone, zu ihren Seiten glitzern silberne Devotionalien. Es herrscht eine besondere Aura in dieser Kapelle, die Bettina Dittlmann bereits als Kind faszinierte. Dass sie einmal selbst eine solche Madonna in den Händen halten und das dunkle Holz dank ihrer Fähigkeiten zum Kunstwerk machen würde, das hätte sie sich sicher nicht träumen lassen. Die heute 57-jährige Künstlerin aus der Rottaler Gemeinde Dietersburg hat die vom Museum bei einer Auktion in Düsseldorf ersteigerte Schwarze Madonna neu eingekleidet und der Figur damit eine neue Dimension der Ausstrahlungskraft verliehen. Dittlmanns Madonna ist eine bescheidene Figur Es ist eine ganz andere Madonna geworden als das berühmte Altöttinger Vorbild. Ihre Maria kommt viel bescheidener daher, verkörpert die Veränderungen, denen der moderne Mensch unterworfen ist und zeigt seine Brüche mit Religion und Geschichte. Die Kronen von Madonna und Kind sind aus filigranem Eisendraht gelötet, umschließen edle Steine wie Granate oder Diamanten, die aber allesamt Beschädigungen aufweisen. Außerdem betont Dittlmann: "Für mich wichtig ist: Diese gebrochenen Steine haben jeweils eine persönliche Geschichte." Damit die Krone auf dem Kopf hält, hat die Künstlerin einen superstarken Magnet aus Neodym verwendet. Nicht ohne Grund. Neodym ist eines jener seltenen Metalle, ohne die kein Handy funktionieren würde, unsere jetzige Lebensform nicht möglich wäre. Dittlmann ist gelernte Silberschmiedin, hat zudem in München und New York ihre handwerkliche Ausbildung akademisch erweitert und als Assistentin der Akademie der Bildenden Künste in München sowie als Gastprofessorin in Oregon ihre Fähigkeiten weiterentwickelt. Die Herstellung einer Krone war für sie kein Neuland. Der Madonna ein Gewand geben, aber schon. Bei der Vernissage am Sonntag erzählte die Künstlerin von den Schwierigkeiten: "Ich wollte unbedingt einen schwarzen Stoff, hatte schon einen Samt aus dem 17. Jahrhundert. Aber ich empfand es als Frevel, den zu zerschneiden." Verdunkelungsstoff aus dem Zweiten Weltkrieg Bei einer Führung im Nonnenkloster Beuerberg wurde sie schließlich fündig. "Aber anders als ich dachte. Die Nonnen zeigten mir viele Stoffe in allen möglichen Farben. Aber nichts Schwarzes dabei. Wir waren schon beim Gehen, als einer Nonne einfiel, es gebe noch Stoff aus dem 2. Weltkrieg, der zur Verdunkelung und damit zum Schutz vor Bombardierungen genutzt wurde." Das war genau das Passende. Typisch deutsch sogar mit Aufdruck einer Kenn-Nummer. Ein Hauch von Brokat sollte es aber doch sein. Dafür nutzte Dittlmann Eisenspäne, die wiederum mit Neodym-Magneten in Form gebracht wurden. Jetzt trat eine unerwartete Schwierigkeit auf. Die Magnete mussten auf den Stoff genäht werden. Mit Eisennadeln ging das nicht. "Kurzerhand schmiedete ich zwei Nadeln aus Gold, auf das Magnete nicht reagieren." Und damit das Gewand füllig wirkt, hat es Dittlmann unterlegt – mit Zeitungen als Formgeber, einem Petticoat des Tagesaktuellen. Um das Kunstwerk richtig in Szene setzen zu können, liegt davor eine zehn Meter lange Eisenplatte, auf der Eisenblumen geformt sind. Hier kommen herkömmliche Magnete zum Einsatz. Die Blumen bestehen aus Zunder, Abfall der Eisenbearbeitung. Ein politischer Gedanke steht dahinter Hinter dieser Madonna steckt ein wacher politischer Geist, der geschockt war von Dingen wie der Wahl Trumps zum Präsidenten, der aber auch verwurzelt ist in der bayerischen Heimat und ihren Menschen. Die gebürtige Passauerin ist in Mühldorf groß geworden. Vor zwei Jahren wurde Dittlmann mit dem renommierten Dannerpreis ausgezeichnet, der alle drei Jahre in der Pinakothek der Moderne in München verliehen wird und bayerisches Kunsthandwerk fördern hilft. Und wie kam die Madonna an die Salzach? Der Burghauser Bürgermeister Florian Schneider sah Dittlmanns Madonna bei der ersten Ausstellung in Beuerberg und wollte sie unbedingt für Burghausen haben. Da fügt es sich gut, dass die Burghauser Museumsleiterin Ines Auerbach einen guten Draht zur Künstlerin hat. Ergänzt wird die Installation durch eine Zusammenstellung von Skizzen, Entwürfe und Proben von Material und Technik, die zeigen, wie sich Dittlmann ihrer Aufgabe einfühlsam genähert hat. Sie selbst beschreibt ihr Vorgehen so: "Ich reguliere und greife ein, aber dann fügt es sich selbst."
Bis 8. Mai in Burghausen zu sehen, Eintritt frei. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 14-18 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag 10-18 Uhr, Führungen am 24. April und 1. Mai, jeweils 15 Uhr
Aus Eisenabfällen hat Künstlerin Bettina Dittlmann mit Hilfe von Magneten Blumengebilde geformt, die den Weg zur Schwarzen Madonna zieren. −Foto: Wetzl